Vor einiger Zeit stieß in dem Schreiben eines geschätzten Freundes auf das ungewöhnliche Wort zumla, das sich mir zunächst in seiner Bedeutung verschloß. Mein Kollege konnte mir da auch nicht weiterhelfen, da er selber das Wort nur zitiert und sich sowohl seiner Herkunft als auch seiner Bedeutung ebenfalls nicht im Klaren war. Zumla wenn sie besser gespielt lautete die zitierte Stelle, und mein Korrespondent äußerte die Vermutung, daß es sich dabei um einen afrikanischen Ausdruck handeln könnte, ohne jedoch die Vermutung näher zu begründen.
Wahrscheinlich erinnerte ihn das Lautbild des Wortes an das mittlerweile über Afrika hinaus bekannte Suaheli (Swa'e'li). Leider erwies sich diese Vermutung als völlig falsch, wie mir seine Exzellenz, der Botschafter von Mosambique, Herr Mobuto Sese Seko Kuku Zuwleien Matabanga, die Freundlichkeit mitzuteilen hatte. Weder die aktuellen, die neue Rechtschreibung berücksichtigenden Wörterbücher, noch das Grimmsche Wörterbuch (Buchstabe Z um 1870 erschienen) führen zumla als Stichwort auf.
Nach längeren Recherchen, konnte ich endlich auch einen weiteren Nachweis des Wortes finden, und zwar bei Wilhelm Hauff:
Der Affe sehr possierlich ist,
zumla wenn er vom Apfel frisst!
Auf den ersten Blick scheint das der Suaheli-These neue Nahrung zu geben, da ist einerseits der Affe, der auf Afrika hindeutet, zum andern kennt jeder Hauffs Märchen, die im fernen Nordafrika spielen. Bei genauerer Betrachtung muß diese Annahme wieder verworfen werden: der Affe frißt einen Apfel und keinen Banane, das Zitat stammt aus der Erzählung Der junge Engländer, die sich im Wirtshaus-im-Spessart-Zyklus befindet.
So wie es aussah, war ich bei meinen Recherchen in eine Sackgasse geraten - doch glücklicherweise war es nur scheinbar eine Sackgasse. Den Ausweg wies mir das Wort Engländer, genauer gesagt das Wort Franzose (in Hauffs Engländer erkennt jeder den galanten, tänzerisch begabten Franzosen, der knapp zehn Jahre nach den napoleonischen Kriegen aus naheliegenden Gründen unter dem falschen Etikett eines Engländers auftauchen mußte).
Verfolgen wir nun die richtige Fährte systematisch: Zerlegen wir das Wort, so erhalten wir zum la, zum ist wiederum Verkürzung von zu dem. Zu weit dürfen wir dieses Verfahren aber nicht treiben, la ist mitnichten Abkürzung von Lachen (possierlich ist das selbe wie zum Lachen, und solcherlei Wiederholungen sind bei Hauff unüblich). Der Schlüssel ergibt sich nun, wenn wir uns an die Etymologie des Wortes mutterseelenallein erinnern: neueste Untesuchungen haben ergeben, daß mutterseelen eine Verballhornung des französischen moi, tout-seul ist, mutterseelenallein ist somit genauso ein Monstrum wie der unausrottbare Probeversuch - entweder man ist allein, oder nicht, tertium non datur!
zum bzw. zu dem entspricht also dem französischen au, zur bzw. zu der dem französischen a la. Zumla erweist sich also als Verschmelzung von deutschem Maskulinum und französischem Femininum. So ungewöhnlich diese Verschmelzung auch anmuten mag, es handelt sich jedoch dabei um kein Hybrid, wie vorliegende furchtbare [fruchtbare - Anm. der Red.] Untersuchung beweist.
Überprüfen wir nun unsere These anhand der vorliegenden Belege, so ist für jeden die Richtigkeit der obigen Schlußfolgerungen ersichtlich:
... possierlich ist, zudem wenn er vom Apfel frißt
... zudem, wenn sie besser gespielt haben.
Es ist wichtig, sich zu vergegenwärtigen, daß zumla keineswegs identisch mit zum ist, da letzteres präpositional gebraucht wird. Ich kann zwar sagen: Zum Wort zumla ist nichts mehr hinzuzufügen, es ist jedoch falsch: Zumla Wort zumla ist nichts mehr hinzuzufügen.
29. Oktober 2003